02.04.2014

Die Kinder dieser Welt. Das wahre Gesicht der Menschen

02.04.2014

Die Kinder dieser Welt. Das wahre Gesicht der Menschen

Auf Reisen sind es immer die Menschen, die mich am meisten faszinieren. Im Alltag hastet man aneinander vorbei, Kopf nach unten, ja nicht den anderen ansehen. Auf Reisen ist das irgendwie anders. Wenn ich reise, reise ich mit offenen Augen. Mir fallen Dinge auf, die ich im Alltag übersehe. Ich betrachte die Menschen um mich herum genauer. Ich bin neugierig auf ihr Leben, ihre Welt und ihre Augen. Oft sprechen wir nicht dieselbe Sprache, aber durch Blicke und Gesten versteht man einander. Manchmal aber auch nicht. Es war in Borneo, besser gesagt in Kalimantan, dem indonesischen Teil von Borneo. Irgendwo in der Nähe von Muara Wahau machten wir kurz Stopp, um auf dem Markt einige Lebensmittel fürs Abendessen einzukaufen. Ich liebe Märkte und hatte natürlich meine Kamera im Anschlag. Eine Frau kam auf mich zu, ein Baby auf dem Arm. Immer wieder zeigte sie auf die Wangen des Babys. Da ich nicht verstand, was sie von mir wollte, fotografierte ich es einfach. Doch sie ließ nicht locker. Unser Guide übersetzte dann: Sie wollte, dass ich das Baby auf beide Wangen küsse, damit das Baby meine lange Nase bekäme. Mein Herz stand kurz still. Und dann küsste ich das Baby. Fest auf beide Backen. Der Ausdruck in den Augen des Babys zeigt, dass es genauso wenig wusste, wie ich, was da auf uns beide zukam.

Ich finde es faszinierend, wie unterschiedlich Kinder darauf reagieren, wenn man Fotos von ihnen macht. In Kambodscha beispielsweise konnten die Kinder gar nicht genug davon bekommen, vor meiner Kamera zu posen und sich ihre Bilder danach anzusehen und dabei zu kichern.

Ähnlich war es auf Bali, als wir zum Sonnenuntergang einen kleinen Ort namens Petulu besuchten. Die Jungs spielten Fussball, als ich meine Kamera auf sie richtete, hörten sie sofort auf um sich für das perfekte Gruppenfoto zu formieren.

Das gleiche Bild im Oman, als wir eine Gruppe Jugendlicher und Kinder am Abend beobachteten, wie sie am Strand von Al Seeb Fussball spielten. Das Spiel lief weiter, doch nach und nach kamen sie in Zweier- oder Dreiergruppen auf mich zu, freuten sich, wenn ich ein Foto von ihnen machte und liefen dann wieder zu ihren Spielkameraden.

Die Kinder in der Mongolei dagegen war es ganz anders. Lachend im einen Augenblick und mit einer ernsten Weisheit erfüllt im nächsten. In dem Moment, als ich die Kamera zückte, verschwand das Lachen aus ihren Gesichtern. Ich war irritiert, bis mir unser Guide erklärte: Warum sollten sie sich für ein Foto extra verstellen? Das sind ihre Gesichter, so wie sie sind. Ehrlich. Das hat mir noch lange zu denken gegeben, warum versuchen wir so oft uns auf Fotos von unserer besten Seite zu zeigen? Wir lachen, lächeln, ziehen unseren Mund zu einer Schnute für das obligatorische Selfie und doch zeigen wir der Welt eigentlich nicht, wer wir wirklich sind.

Gute Fotos von Kindern zu machen, ist eigentlich ganz einfach. Denn die Kinder selbst wissen sich am besten in Szene zu setzen, haben oft keine Scheu vor der Kamera und freuen sich, wenn man Fotos von ihnen macht. Auf Reisen versuche ich immer Süßigkeiten in der Tasche zu haben, die ich dann den Kindern geben kann. Als Dank dafür, dass ich sie fotografieren durfte.

Yvonne Zagermann

Yvonne Zagermann ist Reisebloggerin und  preisgekrönte deutsche TV-Redakteurin. Ihr Reiseblog JUST travelous zählt nicht nur zu den besten deutschen Reiseblogs, sondern auch zu den Top 100 Reiseblogs weltweit. Sie schreibt bilingual (Deutsch/Englisch) über einzigartige Erlebnisse, Abenteuerreisen und Flashpacking.

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