06.11.2013

Berliner Wastelands

06.11.2013

Berliner Wastelands

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2007 habe ich Wien verlassen und bin in meiner neuen Heimat Berlin angekommen. Vieles war anders: grüner, breiter, weitläufiger, mehr Leben auf der Straße, manch sprachliche Barrieren, die mit einem sympathischen Lächeln kommentiert wurden: einfach viel mehr los, eine unendliche Fülle an Inspirationen.

Am meisten haben mich aber von Beginn an die urbanen Wastelands fasziniert. Brachflächen in Mitten der Stadt die seit Jahren vor sich hin vegetieren. Die Natur nimmt sich so zusagen zurück was ihr mal genommen wurde. An solchen Orten hat man das Gefühl, dass die Zeit stehen geblieben ist, konserviert wird, obwohl sich rundherum alles im Eiltempo dreht und verändert. Für mich sind das fast magische.

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Ruhepole, die einem in einer Metropole Luft zum Atmen geben.

Als Wegbegleiter habe ich immer eine alte Agfa Mittelformat Faltkamera in meiner Tasche und einen Gossen Belichtungsmesser aus einem ähnlichen Jahrgang. Photographisch bin ich in der analogen Schiene ziemlich hängen geblieben. Die Farbtöne sind viel realer, viel lebendiger – Eine Erinnerung, ein Bild in meinem Kopf, ist für mich wie ein analoges Foto und könnte nie ein digitales sein. Außerdem habe ich eine Leidenschaft für alte Kameras und spiele gerne mit ihren Fehlern herum. Ich mag ihre Unvollkommenheit, die schwer zu kontrollieren ist. Wie auch löchrige Balgen und die daraus resultierenden Lichteinfälle geben einem die Möglichkeit mit dem Zufall zu spielen.

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Begonnen hat mein Projekt „Pieces of Berlin“ solche mir subjektiv wichtigen Orte zu entdecken und dokumentieren – etwas tagebuchartig und damit nichts in Vergessenheit gerät.

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Schnell wurde mir auch klar, dass diese Wastelands leider vom Aussterben bedroht sind. Von Jahr zu Jahr verschwinden diese Flächen und müssen dem Kapital bzw Großbauprojekten weichen. Berlin ist demnach sehr in Gefahr viele charakteristische Merkmale zu verlieren und eine aalglatte Stadt zu werden wie 1000 andere. Aber noch ist es zum Glück nicht ganz soweit und nichts desto trotz gibt es sie teilweise noch. Eines meiner Favoriten ist ein verlassener ehemaliger Fußballplatz in der Nähe des S-Bahnhofs Ostkreuz an der Rummelsburger Bucht, wobei hier wahrscheinlich blad eine Autobahn lang gehen wird.

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Eine andere impulsante Brachfläche mit zentraler Lage gibt es direkt neben den S-Bahngleisen zwischen Ostbahnhof und Jannowitzbrücke. Diese Kontraste, die sich in Berlin somit auftun zeigen eben auch die enorme Vielschichtigkeit und Diversität dieser Stadt. Es gibt unendliche viele Orte zu entdecken und man wird oft überrascht. Für mich ist Berlin ein Konglomerat aus 1000 Dörfern, das in ihrem Ganzen eine Weltmetropole ergibt.

Florian Reischauer

Florian Reischauer lebt und arbeitet als Fotograf seit 2007 in Berlin. Pieces of Berlin, ein Blog über den Berliner Alltag ist eines seiner Hauptprojekte.
Portfolio: www.florianreischauer.com
Blog: www.piecesofberlin.com
Facebook: www.facebook.com/Pieces.of.Berlin
Twitter: @piecesofberlin
Book crowdfunding: www.piecesofberlin.com/book

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